#8 Fließen und Genießen

Gedanken und Mantra zur Herbstqualität des Wasser-Elementes

Der Herbst lädt uns ein, es der Natur gleichzutun und nach dem sommerlichen Wirken und Wachsen innezuhalten, uns dankbar über die reiche Ernte zu freuen und uns gleichzeitig der natürlichen Begrenztheit allen Wachstums und aller Entfaltung bewusst zu sein. Er ruft uns dazu auf, freiwillig zur reifen Zeit die Aktivität im Aussen loszulassen und in uns hineinzusinken, unsere Kräfte und Säfte vorausschauend zurück in unsere Mitte zu ziehen und uns mutig und ehrlich der Innenschau zu öffnen.
Wir Menschen brauchen im Leben immer wieder Momente des Rückzugs und Innehaltens; Zeiten, in denen sich nicht nur unser Körper oder unser Geist erholen können, sondern vor allem unsere Seele sich regenerieren darf. Dabei lassen wir nicht nur bewusst unsere alltäglichen Pflichten los, sondern können uns auch von unserem bisherigen Bild über uns selbst befreien, uns mit der Weisheit des Grossen Ganzen verbinden, um danach hoffentlich als reifere Person mit einem geweiteten Blick auf uns und die Welt in den Alltag zurückzukehren. Dieses herbstliche Loslassen kommt einem Sterben auf Zeit gleich, wobei es laut Ursula Seghezzi um folgendes geht:

„Größtmögliche innere Freiheit und Gewahrsein über unser Potential zu erlangen, um damit der Welt zu dienen.“
Ursula Seghezzi: Kompass des Lebens, Triesen: van Eck 2012 (3. Auflage 2019) umainstitut.net - transformation in natura®

Dieses Sterben auf Zeit, der Tod des Egos, ist für die meisten Menschen eine Herausforderung, da unsere moderne westliche Kultur einen heilsamen und bewussten Umgang mit Ressourcen, Ernteschnitt, Wandel, Loslassen, Abschied, Trauer und Tod verlernt hat und zudem respektlos lebt und konsumiert, als gäbe es unendliches Wachstum.

Das Element Wasser steht im herbstlichen Kontext des mitteleuropäischen Lebensrades u.a. für den Fluss des Lebens, den natürlichen Wandel und das Loslassen. (vgl. Seghezzi 2012) Es fordert uns heraus, prüft unsere Kontrollsucht und unser Vertrauen ins Leben. Es verspricht uns aber auch eine wunderbare innere Freiheit, wenn wir bereit sind, uns diesem steten Fluss des Lebens hinzugeben, uns in der Nicht-Anhaftung an Gefühle, Gedanken und Materie zu üben und im Tod einen Lehrmeister zu sehen, der uns das Wesentliche für unser Leben erkennen lässt. Loslassen und Weiterfliessen können jeweils aber nur gut gelingen, wenn wir jeden Moment unseres Lebens sommerlich hingebungsvoll, mit brennendem Herzen und bewusst gelebt und genossen haben. Zur Wasserqualität des Herbstes gehört auch eine dankbare und demütige Haltung. Und sie erinnert uns daran, dass unser Leben eingebettet ist in ein grösseres Spiel und dass der grosse Fluss allen Lebens uns trägt und immer wieder heimführt über den Ozean zurück zur Quelle, aus der wir jeden Frühling frisch als spielfreudiges Bächlein hervorspringen dürfen.

Hier geht es zu einem anderen herbstlichen Blogeintrag mit Gedicht und zwei Vertonungen: #4 HERBSTRUF

Fliessen und Geniessen - Mantra

Dem Fluss des Lebens geb' ich mich hin,
tauche ein, vertraue und fliesse,
umspiele, begegne, erfahr', wer ich bin,
lasse los, bin frei und geniesse.

Elisabeth Wetzel, 2022

  1. FLIESSEN UND GENIESSEN - MANTRA
    Interpretation / Produktion:
    Duo Polýchromos, 2022